West-Grönland

Maniitsoq, Evighedsfjorden, Nuuk, Kapisillit

 2017

Einen Reisebericht finden Sie unterhalb der Galerie


Maniitsoq, Evighedsfjorden, Nuuk, Kapisillit

 West-Grönland 2017

 

Maniitsoq erreichten wir an einem freundlichen Sommertag. Nach einer langen Schlechtwetterperiode war es der erste in diesem Jahr. Søren Lyberth brachte uns in einem kleinen offenen Boot tief hinauf in den Fjord Ikkamiut Kangerluarsuat. Zwei Wochen hatten wir nun Zeit, dann sollte uns das Boot wieder abholen. Zu Fuß kann von hier keine Siedlung erreicht werden. Ohne konkreten Plan trieben wir uns wandernd und bergsteigend zwischen hohen, vergletscherten Bergen und den steil eingeschnitten Fjorden herum. Es gibt für die Region gute Karten 75t, aber keinerlei Wege und auch keine Beschreibungen von früheren Trekkern oder Bergsteigern. Das anfangs sehr wechselhafte Wetter brachte uns auf den Gletschern große Probleme, die Schneeauflage war extrem weich. Auch an den Gipfeln stellten sich leider keine Firnbedingungen ein, so blieben viele Möglichkeiten für Hochtouren ungenutzt. Es gab Neuschnee und einen heftigen Sturmtag. Das Gelände war immer mal kompliziert und mühsam, dennoch erlebten wir eine fantastische Abenteuerzeit. Wir erreichten den Ewigkeitsfjord, viele Aussichtspunkte und den einen oder anderen Gipfel. Menschen trafen wir nur einmal, Vogelkundler vom Institut für nationale Ressourcen aus Nuuk.

 

In Nuuk wohnten wir das erste Mal auf unseren Grönlandreisen in einem festen Haus - B&B im Plattenbau. Eine vergleichbare Stadt gibt es wohl kaum auf der Welt, es ist lohnend, sich mit etwas Zeit auf das Leben dort einzulassen.

 

Das wöchentliche Linienboot brachte uns dann nach Kapisillit, tief im weit verzweigten System des Gothabsfjord. Der Ort ist zwar dauerhaft bewohnt, hat aber mehr den Charakter einer Feriensiedlung, vor allem für die Bewohner der Hauptstadt.

Ein steiler Direktanstieg führte uns auf den Gipfel Nikku hoch über dem Eisfjord Kangersuneq. Hier schon fantastische Blicke über das Inlandeis und seine Gletscherzungen. Für drei Tage folgten wir nun erst dem Bergrücken und dann dem Fjord und Gletscher - ideales, manchmal unübersichtliches und nicht immer ganz einfaches Trekkinggelände. Immer wieder sahen wir Renntiere. In Fjordnähe suchten sie auf den Sandflächen Ruhe und Schutz vor Mücken. Ab und an konnten wir ihre Pfade nutzen - sehr zum Verdruss der Jungtiere, die noch keine Jagd erlebt hatten und nur geringe Fluchtdistanz einhielten.

Fotografischer Höhepunkt dann vielleicht der Isvand:

dieser See wird von einem Ausläufer des Inlandeises gespiesen, durch dessen Rückgang ist der Wasserspiegel in den letzten Jahren um 70 Meter gefallen. Zurück blieben bis zu 30 Meter hohe Eisberge, die nun im Sand hoch über dem aktuellen Wasserspiegel vor sich hin bröseln. 

 

 

 

Es ist möglich, dass der See periodisch noch deutlich höheren Wasserstand aufweist, doch definitiv kein Wasser mehr bekommt der Fluss durch das Austmannadal. Wo einstmals einer der eindruckvollsten Wasserfälle Grönland ins Tal stürzte, kann man nun über glatte Platten wandeln und Badetümpel nutzen. In diesem Tal sahen wir große Renntierherden und erreichen, an einem langen Tag und mit einigen bushwhacking-Passagen, Nansens Teltplads.

Hier trafen wir auf ein Jagdcamp und das erste Mal 

nach fast einer Woche wieder Menschen. Es ist der 31. Juli, um Mitternacht darf endlich die Renntierjagd beginnen. Das bringt unsere Pläne ein bisschen durcheinander, einen geplante Ausflug durch das Buschgelände Richtung Osten können wir nicht durchführen. Aus allen Richtungen kommen Jäger, und wir wollen nicht in die Schusslinien geraten. Aber wir werden zum Picknick eingeladen und pulen Grönland-Shrimps mitten in der Tundra. Die Familie hat es eilig und will noch in der Nacht das erste Tier erlegen. In der folgenden Woche treffen wir immer wieder Jäger. Einmal mehr wird uns deutlich, wie wichtig Jagd und Fischfang für die Grönländer ist. Unabhängig von der ethnischen Herkunft definiert man sich dort nicht über den ausgeübten Beruf: Bei jeder Begegnung, selbst in Hauptstadtnähe, wird zuerst erzählt, was man wann und wo jagt oder fischt.

Wir befinden uns nun in einem der beiden Siedlungsgebiete der Wikinger - Vesterbygden. Hier haben sie 350 Jahre gelebt, Vieh gezüchtet, Ackerbau betrieben. Nur wenige Ruinen sind freigelegt, das Gehöft bei Umiivarsuit beeindruckt uns umso mehr. Diese Steine muss man erst einmal bewegen. Rätselhaft wie sie, von Island kommend, in dem unübersichtlichen System aus Fjorden und Schären an Grönlands SW-Küste navigieren konnten, genauso rätselhaft wie ihr plötzliches Verschwinden. Eine Expedition aus der länger besiedelten Südsiedlung fand hier um 1350 nur verwilderte Haustiere vor.

Unsere Schritte führten  in zwei unspektakulären Tagen über die Seenplatte zurück nach Kapisillit, wo wir im Laden Vorräte deponieren durften. Weiter dann auf selten begangener aber beschriebener Trekkingroute nach Nuuk. Ein interessanter Trek, abwechslungsreich, immer mal knifflige Stellen, aber kaum anhaltende Schwierigkeiten. Wir haben Zeit übrig und können so einige Abstecher einbauen. Besonders beeindruckend sind die Granitberge im westlichen Teil der Halbinsel, von denen wir einige erreichen konnten, auch ohne Bergausrüstung, die in Nuuk geblieben ist. Die nun lang anhaltende Hochdrucklage bescherte uns allerdings auch immer wieder Tage mit Nebel und Nieselregen. Das letzte Camp stand dann auf dem Store Marlene - ein Aussichtsgipfel direkt oberhalb Nuuk. Viele Städter kommen hinauf, aber als abends die Nebel die Hauptstadt einhüllen, waren dann auch die letzten Jogger wieder auf dem Rückweg.